Christoph Wortberg: Gussie

Der Roman erzählt die interessante, spannende und bewegende Geschichte von Gussie, Auguste Adenauer, der zweiten Ehefrau von Konrad Adenauer.
Es ist das Portrait einer starken, politisch und sozial aktiven und liebenden Ehefrau und (Stief-) Mutter.
Von Anfang an ist klar, dass das Buch Gussies Sicht der Dinge im Rückblick, von ihrem Sterbebett aus, betrachtet. Sie wird 1948 den Spätfolgen eines Selbstmordversuchs erliegen.

In Rückblenden lernen wir die junge Frau kennen, die 1919 den Witwer, Vater von drei minderjährigen Kindern und Oberbürgermeister von Köln, heiratet.
Die Braut ist 24 Jahre alt, der Bräutigam 43.
Sie werden zusammen fünf weitere Kinder haben, von denen eines nur wenige Tage nach der Geburt verstirbt. Auguste wird den Verlust nie überwinden.
Lange Jahre fragt Gussie sich, ob ihre Entscheidung zur Ehe mit dem eher kühlen und distanzierten Konrad richtig war, aber im Verlauf des Buches merken wir, dass die beiden in tiefer Zuneigung verbunden waren und ihre moralischen Überzeugungen sie auch durch schwere Zeiten getragen haben.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ändert sich das Familienleben dramatisch: Adenauer wird als Oberbürgermeister abgesetzt und droht Gehalt und Pensionsansprüche zu verlieren, er taucht zeitweise in einem Kloster unter, wird verhaftet, kann fliehen.
Die Atmosphäre von Bedrohung, Angst und Ausweglosigkeit ist spannend und eindrücklich beschrieben, man mag das Buch kaum aus der Hand legen.

Die Idee, jedem Kapitel den Auszug aus fiktiven datierten Briefen zwischen Gussie und ihrem Vater voranzustellen fand ich hilfreich, um die Ereignisse der Rückblick-Kapitel zeitlich besser einordnen zu können.

Christoph Wortberg bringt uns in diesem historisch gut recherchierten biografischen Roman eine mutige Frau nahe, die zwar im Schatten ihres berühmten Mannes stand, aber hier ein literarisches Denkmal gesetzt bekommt.