Ein Georgier reist gegen Ende des Ersten Weltkriegs durch das kriegszerrüttete Europa - Paris, Rom, Berlin. Eine neue Zeit ist angebrochen. In Erwartung einer unheilvollen Zukunft geben sich die Menschen der Vergnügungssucht hin. Der selbstgefällige Müßiggänger Konstantine Sawarsamidze irrt durch die Höllen der großstädtischen Zivilisation und versucht sich in den Lebensweisen der westlichen Welt. Heimgesucht von einer Schuld aus der Vergangenheit, den Naturgeistern seines Erziehers und geplagt von ahnungsvollen Träumen, jagt er ohne Rücksicht auf Verluste dem Schönen hinterher. Dabei verfällt er zunehmend dem Wahn. Der 1925 erschienene Roman Konstantine Gamsachurdias ist ein expressionistisches Werk, in dem Biographie und Mythos, Reportage und Phantastik ineinander übergehen. Dem Autor zufolge ist Das Lächeln des Dionysos eine Bestandsaufnahme der sozialen Umstände der Jahre 1914-1919 in Europa. Was man jedoch beim Lesen des Buchs vorfindet, ist an erster Stelle eine minutiöse Bestandsaufnahme der seelischen Zustände des Erzählers. Es ist ein Werk der Autofiktion, eine Verschmelzung der historischen Realität und der Biografie des Autors mit einer symbolistischen Welt des Mythischen, eine Verarbeitung der Erfahrung der Emigration oder des Exils, der Versuch, durch das Schreiben eine lebenstaugliche Ethik in einer verlorenen Welt zu finden, oder vielleicht auch eine Selbsttherapie mit dem Ziel, der zweifachen Krankheit, der persönlichen wie der weltlichen, durch die Arbeit der Feder ein Ende zu setzen. "Das Lächeln des Dionysos" - "Dionisos Ghimili" - ist der erste Roman des Schriftstellers Konstantine Gamsachurdia (1893 - 1975), dessen Romane und Erzählungen einen festen und prominenten Platz in der Kulturlandschaft Georgiens einnehmen. Er wird zu den Begründern der literarischen Moderne in Georgien gezählt. Ein Klassiker der georgischen Literatur wird zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt. Der Übersetzer ist sein Urenkel, der heute in Berlin lebt. Die Entstehungsgeschichte des Romans ist ebenfalls sehr faszinierend: Die erste Fassung des Romans entstand von 1915 bis 1917 in München und Berlin, einer Zeit voller neuer Eindrücke, Widersprüche und Enttäuschungen für Gamsachurdia. Diese erste Fassung ging verloren, wie der Autor im Nachwort zur ersten Ausgabe des Romans (1925) schreibt: Im Herbst des Jahres 1916 sei er von Genf aus über Paris nach Georgien gereist, und an der Grenze in Genf habe er nicht die Erlaubnis erhalten, das Manuskript aus dem Land zu bringen. Erst zwei Jahre später war es ihm dann möglich, wieder nach Genf zu reisen, sein Roman war aber wohl nicht mehr auffindbar. Auch die zweite, 1919 in Berlin geschriebene Fassung verschwand - und zwar 1922 in Tbilissi. Die heute vorliegende Fassung des Romans entstand 1924 in Georgien, nachdem Gamsachurdia sich entschlossen hatte, das Werk zum dritten Mal zu schreiben. "Neun Monate - Tag und Nacht - habe ich so mit dem georgischen Wort gekämpft wie Jakob mit seinem furchtbaren Gott" schreibt er. Die Entstehungsgeschichte des Werkes "Das Lächeln des Dionysos" erstreckt sich also über neun Jahre. Die beiden ersten Fassungen sind nach wie vor verschollen. 1923 fuhr er nach Paris, wo er Vorlesungen in Philosophie (u.a. von Henri Bergson) hörte, für die er sich begeisterte, unter dessen Einfluss er die dritte Fassung erneut schrieb.